Wenn die Sprintdistanz knapp 400 Kilometer lang ist, ist Zeit für die TorTour

Am 15./16.08.2019 fand die 11. Auflage der TorTour in Schaffhausen statt. Mit am Start auf der „Sprintdistanz“, immerhin über 390 Kilometer mit 4000 Höhenmeter, waren auch unsere Vereinsmitglieder Erwin & Manuela Bootsmann. Gemeinsam mit einem einem befreundeten Radsportler vom Berliner Racing Team sind sie als 3er Mixed-Team ins Rennen gegangen.

 

Glücklicherweise hatten sie noch die Gelegenheit den Prolog, ein Zeitfahren über 1km entlang des Rheinfall in Schaffhausen mit anschließender Extremrampe von bis zu 18% Steigung ins Ziel zu absolvieren, denn ab dem nächsten Jahr wird die TorTour nach Zürich verlegt und somit wird sich die gesamte Streckenführung ändern.

Für den Prolog war direkt vor dem Rheinfall eine Bühne aufgebaut, auf der sich alle Starter nacheinander positionieren mussten und Fotos für die Zielankunft am darauffolgenden Tag geschossen wurden. Gefahren wurde der Prolog in den vorher ausgehändigten aktuellen TorTour-Trikots um damit ein Dankeschön an die Sponsoren der Veranstaltung zu geben. Alle Teilnehmer wurden von dem großen Publikum beklatscht, angefeuert und die steile Schlussrampe ins Ziel hochgejubelt. Das war schon Gänsehaut pur.

Der Start zum Hauptrennen erfolgte für das Dreiergespann am Freitag (16.08.2019) 04:49 Uhr und damit gingen sie als vorletztes Team der Sprintdistanz auf die Strecke. Da man nur maximal 20 Stunden Zeit bis zum Zielschluss hatte, hieß es gleich zu Beginn Gas geben und eine gute Grundlage für die zu erwartenden Höhenmeter zu legen.

Die beiden Männer Erwin und René mussten als Zugpferde herhalten und so konnte das Mixed-Team auf den ersten 180 Kilometer einen Schnitt von 30,5 km/h hinlegen. Es ging entlang des Bodensees von Konstanz nach Lustenau, wo den Radlern ein herrlicher Sonnenaufgang geboten wurde, allerdings war keine Zeit diesen zu genießen, denn es waren noch reichlich verbleibende Kilometer zu bewältigen und auch das Zeitlimit saß ihnen im Nacken.

Nach kurzen Zwischenstopps an den Stationen der Zeitnahme und einer Verschnaufpause am Verpflegungspunkt ging es auch schon in den ersten Anstieg, der mit einer stetigen Steigung zwischen 8-12 Prozent nur ein kleiner Vorgeschmack auf alles weitere sein sollte. Nach einer rasanten Abfahrt und weiteren flachen 20 Kilometer erwartete uns der Aufstieg zum Pragelpass.

Ein Brett das gleich zu Beginn mit 12-14 prozentiger Steigung beginnt und im Verlauf auch nicht wirklich flacher wird, sondern eher steiler. Das steilste Stück erwartete die drei nach etwa 15 Kilometer. Als das Schild mit 18 Prozent Steigung auf 18 Kilometer auftauchte, wurde ihnen schon etwas mulmig, denn die Sonne war gnadenlos und heizte die Luft auf über  30 Grad auf, was zum rapiden Schwinden der Wasservorräte führte.

Auch ließ bei Manuela mittlerweile die Kraft nach und der anfänglichen Euphorie folgte nun harte Realität im Sattel, die jeder nur zu gut kennt. Aber zum Glück waren sie als Team unterwegs und so wurde sich gegenseitig unterstützt, angefeuert und durch so manches Motivationstief geholfen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie auch endlich die lang ersehnte Passspitze, auf der auch die nächste Zeitnahme mit Verpflegung platziert war. Genießen konnten die drei Radler aber weder die Aussicht noch die angebotene Versorgung, denn schon wieder saß die Zeit im Nacken und so wurde nur schnell aufgetankt, Verpflegung eingesteckt und weiter ging die Fahrt.

Die Abfahrt vom Pass war fast genauso anstrengend wie der Anstieg. Schlechte,

enge Straße mit reichlich Gegenverkehr und einem nicht zu unterschätzenden Gefälle. Unten angekommen mussten erst mal die Hände gelockert werden, die vom vielen Bremsen dem Krampf nahe waren.

Weiter ging es nach kurzen flachen Passagen mit ständigem abwechselndem Auf und Ab in Richtung Schaffhausen. Dabei sank der Schnitt immer weiter, denn Manuela hatte inzwischen einige Male mit leeren Energiespeichern zu kämpfen. So schnell und viel konnte man an Nahrung gar nicht zu sich nehmen wie der Körper einem abverlangte.

Manchmal machte sich das Gefühl breit, dass die Energiegels gerade so verpufften. Immerhin hatte das Mixed-Team mittlerweile fast 300 Kilometer und reichlich Höhenmeter in den Beinen und es sollte noch kräftezehrender werden.

Eine kurze Verschnaufpause wurde den Beinen bei der schönen Abfahrt zum Zürichsee gegönnt, auch war bei dessen Überquerung auf der Seedammstrasse endlich auch mal die Gelegenheit die herrliche Landschaft zu genießen.

Allerdings war dies nur von kurzer Dauer, denn die nächsten schweißtreibenden Rampen warteten bereits. Etwa 80 Kilometer vor dem Ziel kamen die Radler zur letzten Verpflegungs- und Timestation, wo die leeren Speicher für die verbleibende Strecke gefüllt werden konnten. Alles Verfügbare wurde in den Trikottaschen verstaut und Unmengen an Cola, Gel und Nahrung in kürzester Zeit zu sich genommen. Dann hieß es noch mal kräftig in die Pedale zu treten und in die anbrechende Dunkelheit zu kurbeln. Inzwischen hatten die Pedalritter auch wieder die vorgeschriebenen Warnwesten übergestreift, was sie als TorTour-Teilnehmer unübersehbar machte.

Während so mancher Ortsdurchquerung wurden sie nun beklatscht und angefeuert, was den Adrenalinspiegel immer wieder zum Steigen brachte und auch so manches Tränchen in die Augen trieb.

Nach nicht enden wollenden Rampen und unheimlich zähen Kilometern erreichte das Dreiergespann Schaffhausen. Dort wurden sie bereits von zwei Motorradfahrern erwartet und die letzten 10 Kilometer bis ins Ziel begleitet. Auf dem Weg zur Zieleinfahrt standen bereits begeisterte Zuschauer, die jeden ankommenden Radfahrer kräftig bejubelten. Im Ziel angekommen durfte jedes Team auf die Bühne fahren und es gab ein kurzes Interview mit den angekommenen Finishern.

Die Bootsmanns und ihr Begleiter haben für die 391 Kilometer mit über 4.000 Höhenmeter eine Gesamtzeit von 18:27 Stunden und reine Fahrzeit von 16:07 Stunden benötigt.

Die TorTour ist ein unheimlich schweres Rennen, bei dem man mehrfach an seine körperlichen und mentalen Grenzen geführt wird, daher hat diese Veranstaltung den Namen „TorTour“ zu Recht verdient. Und auch in diesem Rennen war mit Fabian Cancellara wieder ein ehemaliger Profifahrer mit am Start .

Und hier noch, wie gewohnt, der Link zur Seite des Veranstalters für alle Interessierten:

https://www.tortour.com